Lean Management – von Grundlagen bis fortgeschritten

PINKTUM-lean-management1-2023
28.09.2023
Laura Piana
Businesskompetenz
Inhalt

Lean Management hat seinen Ursprung im Toyota-Produktionssystem (TPS), das in den 1950er-Jahren entwickelt wurde. Ursprünglich ist Lean also ein Kind des produzierenden Gewerbes und eine Antwort auf begrenzte Budgets und Ressourcen. Im Fokus steht dabei der kritische Umgang mit Bestehendem und das Vermeiden von Verschwendung. Mittlerweile hat das Lean-Prinzip in zahlreichen Branchen Einzug gehalten – auch außerhalb der Produktion, beispielsweise im Projektmanagement oder in der Verwaltung.

Lean Management verschlankt Prozesse und sorgt für eine größere Wertschöpfung. In der Theorie. In der Praxis stößt Lean speziell in der Anfangsphase auf zahlreiche Hürden. Manche Mitarbeitende bekommen Existenzängste, wenn sie den Begriff „Verschlanken“ hören. Wer Lean erfolgreich umsetzen will, braucht Zeit zur Umsetzung, das richtige Zeitmanagement, Geduld, das richtige Mindset und die passenden Methoden. Aber die Mühe lohnt sich!

Lean Management: Definition

Lean ist zwar schon gut 70 Jahre alt, aber immer noch hochaktuell. Warum? Weil Anpassungs- und Innovationsfähigkeit wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit und damit für den Erfolg eines Unternehmens sind. Dafür bietet Lean ein fundiertes und etabliertes System. Lean Management ist dabei mehr als eine Methode. Vielmehr ist Lean eine Philosophie, die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden annehmen. Im Mittelpunkt steht dabei, wie man mit nicht wertschöpfenden Tätigkeiten umgeht. Der Wert ist dabei das, wofür Kundinnen und Kunden letztlich zu zahlen bereit sind.

Ziele und Prinzipien des Lean Managements

Lean Management zielt darauf ab, die Prozesse kontinuierlich zu optimieren und so die Wertschöpfung insgesamt zu steigern. Die Kundenzufriedenheit soll steigen, die Kosten sollen sinken. Dafür müssen alle mit anpacken. Mitarbeitende haben täglich mit verbesserungswürdigen Prozessen zu tun, Führungskräfte können ihre „Vogelperspektive“ nutzen. Das ständige Hinterfragen des Status quo ist ein wesentlicher Treiber. So können alle Beteiligten ihre Arbeitszeit effektiver nutzen, es gibt weniger Störungen, geringere Kosten und kürzere Lieferzeiten.

Zusammengefasst sind die wesentlichen Stellschrauben bei Lean Kundenorientierung, kontinuierliche Verbesserung, Qualitätsmanagement, die Zusammenarbeit im Team, aber auch die Eigenverantwortung jedes und jeder Mitarbeitenden sowie offene Informations- und Feedbackprozesse. Außerdem müssen alle Lean-Ansätze und Maßnahmen immer auf ihre Umsetzbarkeit und Alltagstauglichkeit überprüft werden. Das erfordert Zeit, Anpassungen, ein regelmäßiges Einnehmen der Vogelperspektive sowie ein Beobachten der Prozesse.

Die sieben Arten der Verschwendung

Eine wichtige Grundlage des Lean Managements sind die sieben Arten der Verschwendung. Wer sie kennt, kann sie erkennen und vermeiden. Alles, was nicht der Wertschöpfung dient, ist zunächst einmal Verschwendung. Unterscheiden lassen sich sieben Arten:

  • T wie Transport

  • I wie Inventory, also Inventar oder Bestände

  • M wie Motion, also Bewegung

  • W wie Waiting, also Warten

  • O wie Overproduction, also Überproduktion

  • O wie Overengineering, also falsche oder ungeeignete Technologie und Prozesse

  • D wie Defects, also Ausschuss, der viel Nacharbeit mit sich bringt

Um diese Verschwendung von Zeit und Ressourcen zu verringern, werden all diese Parameter unter die Lupe genommen. Nehmen wir als Beispiel den Transport. Um hier Zeit, Arbeit und Kosten zu sparen, kannst du und dein Team etwa darauf achten, dass die einzelnen Stationen auf dem Transportweg möglichst kurz gehalten werden oder dass sich notwendige Werkzeuge dort befinden, wo sie auch gebraucht werden. Beim „Transport“ von Informationen lohnt sich ein Blick auf die Schnittstellen. Sind sie notwendig? Sind sie zu komplex? Wo kann noch nachjustiert werden?

Lean Management begegnet Verschwendung auf drei Arten: mit Lean-Systemen, Lean-Methoden und Lean-Werkzeugen oder -Tools.

„Leane“ Methoden und Tools

Das Lean Management unterscheidet zwischen Lean Production oder Lean Manufacturing und Lean Administration. Diese Trennung wirkt sich auch auf die Methoden und Werkzeuge aus. Manche Tools eignen sich nur für die Produktion, andere auch für die Administration. Zu diesen Werkzeugen gehört das Value Stream Mapping oder Value Stream Design, auch bekannt als Wertstromanalyse. Dieses Tool hilft, die Wertschöpfungskette zu visualisieren und zu analysieren. So ermöglicht die Wertstromanalyse einen besseren Produktions- und Informationsfluss.

Ein weiteres Lean-Tool ist 5S, im Deutschen auch 5A genannt. Stellvertretend für fünf japanische Begriffe, die frei übersetzt so viel heißen wie Aussortieren, Ordnen, Säubern, Standardisieren und kontinuierliches Verbessern. 5S fördert ein aufgeräumtes Arbeiten, da alles dort positioniert wird, wo es sein soll.

Weitere Tools im leanen Arbeiten sind der Problemlösung gewidmet und der Suche nach grundlegenden Ursachen von Fehlern und Problemen. Nützliche Werkzeuge hierfür sind die Fehlerursachenanalyse mittels der 5⁠-⁠Why-Analyse und das Fischgrätendiagramm, auch bekannt als Ishikawa-Diagramm. Wichtig bei der Anwendung ist in beiden Fällen, dass sich die Mitarbeitenden für ihren Bereich und den Gesamtprozess verantwortlich fühlen und sich entsprechend selbständig – speziell unvorhergesehenen – Problemen stellen.

Werkzeuge für die Lean Production

Lean-Werkzeuge, die sich eher für die Produktion eignen, sind OEE, SMED und Poka Yoke.

OEE steht fürOverall Equipment Efficiency (Gesamtanlageneffektivität). Diese wird auf Basis von Kennzahlen ermittelt. OEE ermöglicht es, die Produktivität bestimmter Anlagen zu bewerten und herauszufinden, wo man für Verbesserungen ansetzen kann. Insgesamt setzt sich OEE aus drei Faktoren zusammen: dem Verfügbarkeitsfaktor, dem Leistungsfaktor und dem Qualitätsfaktor. Diese werden mittels Software direkt an der Maschine erfasst. Durch das Zerlegen in die drei Faktoren weiß man, welcher Faktor das Ergebnis am stärksten negativ oder positiv beeinflusst. Ziel der OEE sind eine Erfolgskontrolle und die Möglichkeit, Engpässe zu identifizieren.

SMED steht für Single Minute Exchange of Die. Bildlich gesprochen ist SMED wie ein Boxenstopp in der Formel 1. Die Zeit, in der die Maschine stillsteht, soll so kurz wie möglich gehalten werden. Das Ziel von SMED ist es, die Rüstzeiten pro Werkzeugwechsel zu reduzieren. Das hilft auch, schneller auf Kundenwünsche zu reagieren.

Als Drittes ist Poka Yoke zu nennen. Es bedeutet so viel wie „unglückliche Fehler vermeiden“. Beispiele für Poka Yoke sind der USB-Stick, die Kindersicherung an Steckdosen oder auch Online-Formulare, die darauf hinweisen, wenn eine Information fehlt oder falsch ist. In all diesen Fällen verhindert die Technik menschliche Fehler. Poka Yoke lässt sich auf fertige Produkte, aber auch auf den Arbeitsplatz anwenden.

Der PDCA-Zirkel kurz erklärt

PDCA steht für eine Kernmethode, die universell im Lean Management angewendet wird. Die vier Buchstaben stehen dabei für Plan, Do, Check und Act. Übersetzt: planen, tun, überprüfen und schließlich handeln! Jede dieser vier Phasen beinhaltet verschiedene Aufgaben. Und diese wiederholen sich zyklisch im Sinne einer ständigen Verbesserung. So unterstützt PDCA dein Team dabei, den Status quo UND den künftigen Stand zu analysieren, zu beurteilen und entsprechende Veränderungen umzusetzen. Wichtig dabei ist immer auch die Reflexion. Führt eine Entscheidung zum Misserfolg, heißt es: noch einmal versuchen! Im Erfolgsfall kann der neue Prozess zum Standard erhoben werden.

PDCA lässt sich gut durch die Kaizen-Brille betrachten. Kaizen bedeutet frei übersetzt eine Veränderung zum Besseren. Kaizen ist sozusagen die Philosophie, sich mit kleinen Dingen zu beschäftigen, die uns täglich das Leben schwer machen. Dabei hilft jede kleine Verbesserung. Zwei Grundgedanken von Kaizen sind die Stabilisierung von Erfolgen und die kontinuierliche Verbesserung.

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Leane Zusammenarbeit

Lean ist immer eine Teamleistung. Alle Mitarbeitenden müssen ihren Beitrag leisten. Und dazu braucht das Team die entsprechende Motivation. Wie also wird Lean von den Mitarbeitenden gelebt und getragen? Ein wichtiger Faktor ist es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubinden und ihnen ihren eigenen Beitrag zum Erfolg zu verdeutlichen. Eine wichtige Grundlage und wesentlicher Bestandteil von Lean Management ist SFM. SFMsteht fürShopfloor Management. Hier sollen Führungskräfte mit Mitarbeitenden zusammenarbeiten, sie unterstützen und bedarfsgerecht qualifizieren. Im Fokus stehen auch hier Problemlösung, eine kontinuierliche Verbesserung von Produkt und Prozessen sowie die regelmäßige Kontrolle und Steigerung der Effizienz. Dabei helfen sogenannte Team Board Meetings, die einmal pro Woche oder besser noch täglich stattfinden.

Auch ein Gemba Walk fördert die Zusammenarbeit und schärft den Blick der Führungskräfte. Gemba hält Zeit für Unvorhergesehenes frei und hilft, Mitarbeitende zu befähigen. Ein Gemba Walk bringt Teamleiter:innen oder verantwortliche Ingenieur:innen regelmäßig aus dem White-Collar-Umfeld direkt an den Ort des Geschehens und ins Gespräch mit Mitarbeitenden. Unterwegs sammeln sie Wissen und vertiefen Kontakte. Der Rundgang erfolgt am besten mit einer im Team erstellten Checkliste zum Abhaken unterwegs. Sinnvoll kann auch sein, sich pro Tag einen Schwerpunkt zu setzen, zum Beispiel Wartung oder Bestände. Bei allen Maßnahmen ist es wichtig, die Mitarbeitenden einzubeziehen, ihnen den Wert ihrer Arbeit aufzuzeigen und mit Fehlern konstruktiv umzugehen.

Lean-Weiterbildung?

Lean findet innerhalb des Unternehmens statt, wirkt aber natürlich auch nach außen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei der sogenannte Kundentakt. Generell gibt der Kundentakt an, nach welcher Zeit ein Kunde oder eine Kundin das nächste Mal das Produkt oder die Dienstleistung erwerben wird. Daran sollte sich die Produktionsfrequenz orientieren.

Neben der Produktion spielt auch die Lagerhaltung eine wichtige Rolle. In vielen Unternehmen wird nach dem Push-Prinzip produziert – das heißt, es wird produziert, was die Maschinen hergeben. Beim Pull-Prinzip ist es umgekehrt. Anstelle eines permanenten Durchlaufs wird nur produziert, was die Kund:innen nachfragen. Damit können Lagerungs- und Transportaufwände entfallen. Die richtige Wahl bei Produktion und Lagerhaltung ist situationsabhängig und basiert immer auf einer Wertstromanalyse. Eine besonders bekannte Option der Lagerhaltung ist FIFO, das Prinzip „First In – First Out“. Es eignet sich besonders für Produkte mit Mindesthaltbarkeitsdatum, also zum Beispiel Lebensmittel, Kosmetika oder Medikamente.

Ein nützliches Hilfsmittel, um Bedarfssignale von Kund:innen zu visualisieren und näher am Kundentakt zu arbeiten, ist übrigens Kanban. Mit Hilfe dieser Methode lassen sich Aufträge und Arbeitsschritte sehr gut abbilden und bearbeiten.

Wer noch „leaner“ werden will, der spielt vielleicht mit dem Gedanken, den Wertstrom weiter zu verschlanken und so die Verschwendung insgesamt stärker zu verringern. Engpassbeseitigung und Line Balancing können dabei helfen. Jeder Engpass verzögert den Fertigungsprozess. Zum Glück gibt es viele Möglichkeiten, Engpässe zu vermeiden. Zusätzliche Schichten an der „Engpass-Maschine“ können ebenso helfen wie eine Anpassung der Losgrößen oder auch Outsourcing. Line Balancing ist eine Produktionsstrategie, die darauf abzielt, die Arbeitsweise der Mitarbeitenden an der Maschine und die Maschine besser auf den Kundentakt abzustimmen. Die Produktionszeit soll dem Kundentakt entsprechen. Wichtige Grundlagen dafür sind Zeiterfassung, ein genaues Verständnis der Abläufe und Abhängigkeiten sowie das Identifizieren von Flaschenhälsen.

Lean Management umsetzen – Schritt für Schritt

Lean Management bedeutet, alle nicht wertschöpfenden Tätigkeiten systematisch zu identifizieren und anschließend zu eliminieren. Die verschiedenen Arten der Verschwendung zu erkennen, ist Übungssache und immer auch eine Teamleistung. Außerdem zeichnet Lean sich dadurch aus, dass die Prozesse iterativ sind. Letztlich gibt es immer Verbesserungspotential. Damit Lean funktioniert, braucht es neben geeigneten Methoden und Werkzeugen vor allem auch eine positive und realistische Einstellung von Führungskräften und Mitarbeitenden. Beschlossene Maßnahmen müssen immer auch umsetzbar sein und sich im Arbeitsalltag bewähren.

Mehr über Lean Management und die konkrete Umsetzung in verschiedenen Techniken verraten wir dir in unseren beiden E⁠-⁠Trainings:

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