Es gibt viele Gründe dafür, warum Chef:innen selten loben – zum Beispiel Unsicherheit darüber, wie das Kompliment oder Lob bei anderen ankommt. Denn manche Menschen sind gegenüber Lob eher misstrauisch. Manchmal liegt die mangelnde Anerkennung auch am allgemeinen Umgangston im Unternehmen: Vielleicht ist es einfach nicht Usus, die Mitarbeiter:innen mit mehr als einem „Gut gemacht“ zu bedenken – ganz nach dem Motto „Nicht geschimpft ist genug gelobt“. Der häufigste Grund, nicht zu loben, ist jedoch das eigene Ego: Bewunderung auszudrücken bedeutet nämlich auch, sich selbst ein wenig kleiner zu machen und die andere Person ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Da fällt es manchmal leichter, einfach nichts zu sagen und gute Leistungen nicht extra hervorzuheben. Dabei ist Lob im Unternehmen ganz wichtig!
Die meisten Mitarbeiter:innen schätzen Lob: Sie wünschen sich von ihren Führungskräften, dass sie ihnen gute Leistungen zurückmelden, ehrliches Feedback geben und Interesse zeigen. In aktuellen Umfragen sind ein gutes Arbeitsklima und Wertschätzung für fast die Hälfte der Befragten das Wichtigste im Job. Ein Mangel an Lob und Anerkennung in der Arbeitswelt führt hingegen nicht nur dazu, dass die Mitarbeiter:innen unzufrieden und weniger leistungsmotiviert sind. Er führt auch dazu, dass sie sich weniger mit ihrem Unternehmen verbunden fühlen und eher das Unternehmen verlassen.
Lob motiviert und macht zufrieden – und es verstärkt erwünschtes Verhalten. Wer gelobt wird, strebt auch danach, gute Leistungen zu erbringen und dem Lob gerecht zu werden. So führt Lob zu Lerneffekten: Gelobtes Verhalten wird in der Regel häufiger gezeigt. Und wenn sich Mitarbeitende vorbildlich verhalten, dann zahlt sich das schließlich für die ganze Abteilung bzw. das ganze Unternehmen aus. Studien zeigen, dass Lob und Anerkennung einer Führungskraft die Leistung der Mitarbeitenden um bis zu 20 Prozent steigern können.
Außerdem sind Lob und Anerkennung gute Instrumente, um die Beziehungen zu den Mitarbeitenden zu pflegen und zu vertiefen. Die Forschung zeigt nämlich: Unterstützende und wertschätzende Führungskräfte motivieren ihre Mitarbeitenden dazu, ihren Kolleg:innen unter die Arme zu greifen, wenn diese Hilfe benötigen. Lob fördert also die Hilfsbereitschaft im ganzen Team – und sorgt so für ein gutes Teamklima.
Noch wichtiger als Lob ist jedoch Wertschätzung. Wertschätzung und Lob sind zwei Komponenten, die untrennbar miteinander verbunden sind. Denn wer wertschätzend führen will, muss auch Lob und Anerkennung aussprechen. Dankbarkeit, Empathie und Vertrauen sind weitere wichtige Faktoren, die wertschätzende Führung auszeichnen.
Eine allgemeingültige Definition von Wertschätzung gibt es nicht. Laut Duden beschreibt Wertschätzung z. B. das Ansehen, die Achtung, die Anerkennung oder auch eine hohe Einschätzung einer anderen Person. Wertschätzung ist also eine positive Haltung jemand anderem gegenüber. Sie bezieht sich auf den Menschen in seiner Gesamtheit. Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Wertschätzung und freut sich, wenn man ihm mit Respekt und Achtsamkeit begegnet.
Auch das Buch „Das Wunder der Wertschätzung“ von Reinhard Haller stellt die Bedeutung von Wertschätzung in den Mittelpunkt. Sie bringt die Stärken von Menschen zum Vorschein und kann sogar die Persönlichkeit positiv beeinflussen. Wenn Wertschätzung allerdings fehlt, kann das nicht nur fundamentale Auswirkungen auf die Leistung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin haben, sondern auch auf dessen oder deren Wohlbefinden und die Beziehung zwischen Führungskraft und Arbeitnehmer:in. Denn wenn Mitarbeiter:innen Geringschätzung erleben, z. B. herausragende Leistungen erbringen, ohne dafür ein Danke zu hören, stellen sich schnell Motivationslosigkeit und Unzufriedenheit ein. Im schlimmsten Fall kündigen Mitarbeiter:innen innerlich oder sogar tatsächlich.
Es gibt viele Wege, den eigenen Mitarbeitenden oder Kolleg:innen Wertschätzung entgegenzubringen. Du kannst ihnen zum Beispiel mal einen Kaffee aus der Küche mitbringen oder einen Kuchen für das ganze Team backen, einfach mal ein ehrliches Kompliment zu ihrer Ausstrahlung machen, dich für ihre Wünsche, Bedürfnisse und Anliegen interessieren und – ganz wichtig – einen liebevollen und respektvollen Ton mit ihnen pflegen. Schau dazu gerne mal unserer E-Training zum Thema „Wertschätzend kommunizieren“ an. Zur wertschätzenden Kommunikation gehört übrigens auch das aktive Zuhören, - eine Technik, bei dem du das Gesagte ganz bewusst wahrnimmst und verarbeitest und deinem Gegenüber das Gefühl vermittelst, wirklich bei ihr oder ihm und dem Inhalt des Gesagten zu sein. Es geht dabei darum, nonverbal Interesse zu zeigen, z. B. durch gelegentliches Nicken, eine zugewandte Haltung oder Blickkontakt zu der anderen Person, und das Gesagte in eigenen Worten zusammenzufassen. Ein Lächeln zwischendurch, eine Begegnung auf Augenhöhe, kleine Überraschungen und Aufmerksamkeiten – es ist gar nicht schwer, den Mitmenschen Wertschätzung entgegenzubringen. Aber du siehst: Wertschätzung bedeutet deutlich mehr, als den Mitarbeiter:innen an Weihnachten mal eine Karte zukommen zu lassen, auf der man sich für ihren Beitrag bedankt.
Lob und Wertschätzung solltest du übrigens nicht nur anderen entgegenbringen, sondern auch dir selbst. Klopfe dir in Gedanken selbst auf die Schulter, wenn dir etwas besonders gut gelungen ist. Und sei nachsichtig mit dir, wenn du mal einen Fehler machst oder du dich über deine eigenen Schwächen ärgerst – Fehler zu machen und Schwächen zu haben ist menschlich und kein Grund, an dir zu zweifeln! Lenke deine Gedanken stattdessen in eine konstruktive Richtung: Wie kannst du an dir arbeiten? Was kannst du künftig anders machen? Wie kannst du sicherstellen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert?
Beim Loben gibt es einige wichtige Regeln zu beachten, damit dein Lob auch genauso ankommt, wie du das beabsichtigst!
Lobe nicht nach dem Gießkannenprinzip. Das bedeutet, du solltest nicht jede:m einmal in der Woche ein Lob à la „Gut gemacht!“ oder „Tolle Leistung!“ aussprechen, nur um des Lobens willen. Überlege dir stattdessen genau, wann und bei wem ein Lob angebracht ist. Denn zu viel Lob, auch für wenig anspruchsvolle Leistungen, entwertet seine Bedeutung und verliert seine Funktion. Es kann dann Verhalten nicht mehr gezielt steuern und stiftet eher Verwirrung als Motivation und Zufriedenheit.
Lob sollte immer nachvollziehbar sein. Formuliere deshalb am besten ganz konkret, warum und wofür du deinem Gegenüber dankbar bist oder was er oder sie besonders gut gemacht hat. Beantworte mit deinem Lob die Frage: Was hat dein Gegenüber besonders gut gemacht?
Lob sollte immer eine Begründung enthalten, warum diese Leistung besonders wichtig war. Das objektiviert das Lob und stellt nicht persönliche Vorlieben in den Vordergrund, sondern die Tatsache, dass die Leistung etwas zu den Zielen des Unternehmens beiträgt.
Beschreibe, wie du es empfindest, was dein Gegenüber geleistet hat: Freut es dich? Gefällt es dir? Macht es dich stolz? Melde deiner Gesprächspartnerin bzw. deinem Gesprächspartner zurück, welche Emotion du fühlst, wenn du daran denkst. Das macht das Lob für dein Gegenüber greifbarer.
Lob sollte zeitnah geäußert werden. Sprich das Lob also direkt aus, nachdem du das wünschenswerte Verhalten beobachtet oder von jemand anderem davon erfahren hast.
Lob sollte immer auf Augenhöhe erfolgen – also nicht von oben herab. Belehre nicht, sondern sei auch beim Loben respektvoll und wertschätzend.
Lob sollte sich auf Verhalten beziehen, nicht auf Eigenschaften. Auf die eigene Persönlichkeit haben deine Mitarbeitenden keinen Einfluss – auf ihr Verhalten aber schon!
Ehrlichkeit und Authentizität sind zwei ganz wichtige Werte – auch beim Loben. Deshalb solltest du nur loben, wenn du wirklich dahinterstehst. Du solltest damit keine Gewinnabsicht verfolgen oder dir selbst Vorteile verschaffen wollen. Am besten lobst du einfach um des Lobes willen, z. B. um dem oder der anderen eine Freude zu bereiten – das ist wohl das edelste Motiv.
Wenn du jemanden für gute Arbeit loben möchtest, könnte das beispielsweise so aussehen: Dein Teammitglied hat gerade einen unerwarteten Auftrag an Land gezogen und erzählt dir in der Mittagspause davon. Dein Lob könnte zum Beispiel so aussehen: „Wow – das klingt ja hervorragend, dass du diesen Auftrag für uns gewinnen konntest! Ich bin dir dankbar, dass du dich so eingesetzt hast und den Kunden am Ende doch noch von uns überzeugen konntest, obwohl das wirklich nicht einfach war. Mit diesem Auftrag haben wir unser Monatsziel sogar übertroffen! Es ist schön, so engagierte Mitarbeitende wie dich an Board zu haben – vielen Dank für deinen Einsatz!“
Noch ein Beispiel: Angenommen, deine neue Mitarbeiterin hat bei einem wichtigen Kunden ein Führungskräftetraining durchgeführt. Die Führungskräfte haben schwierige Fragen gestellt und waren nicht sehr umgänglich. Du hast das Training besucht, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich deine Mitarbeiterin so schlägt und bist sehr angetan von ihrem Auftreten. Du könntest dies folgendermaßen ausdrücken: „Toll, wie du dich in dieser schwierigen Situation verhalten hast! Es hat mich wirklich beeindruckt, wie souverän du auf die schwierigen Rückfragen eingegangen bist und welche Ruhe du als Trainerin ausgestrahlt hast. Ich bin mir sicher, dass die Teilnehmenden viel aus diesem Training mitnehmen konnten und auch in Zukunft von diesem Wissen profitieren werden.“
Lob ist vor allem dann angebracht, wenn Mitarbeitende anspruchsvolle Ziele erreichen und besondere Herausforderungen meistern. Wenn sie sich zum Beispiel in ein neues Themengebiet einarbeiten, mit dem sie vorher nicht vertraut waren, oder wenn sie eine Zeit lang eine zusätzliche Aufgabe übernehmen, weil ein Teammitglied ausfällt. Lob ist auch angebracht, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht, obwohl sich die Mitarbeitenden große Mühe gegeben haben. Damit signalisierst du deinen Mitarbeitenden, dass du ihr Engagement siehst und anerkennst.
Während Lob wohldosiert werden sollte, ist Wertschätzung immer angebracht! Ein wohlwollender und respektvoller Umgang miteinander ist eine wichtige Voraussetzung für ein friedliches Miteinander und eine effektive Zusammenarbeit. Egal, worüber du mit deiner Mitarbeiterin oder deinem Mitarbeiter sprichst oder wann du mit ihr oder ihm zu tun hast – Wertschätzung sollte jede deiner Handlungen prägen. Das beginnt mit einem netten Gruß am Morgen und endet mit einem wertschätzenden und respektvollen Umgang auch in herausfordernden Situationen wie Konflikten oder Kritik.
Nicht nur das Aussprechen von Lob kann herausfordernd sein – auch das Annehmen von Lob ist manchmal gar nicht so einfach. Man reagiert verlegen, winkt peinlich berührt ab oder versucht, sich der Situation so schnell wie möglich zu entziehen. Häufig ist ein geringes Selbstwertgefühl der Grund dafür, dass positives Feedback unangenehm ist. Das muss aber nicht sein – wenn dich das nächste Mal jemand lobt, dann nimm doch einfach mal die Schultern zurück und freue dich über die positive Rückmeldung. Erlaube dir, den Moment einfach zu genießen – denn es ist dein Moment! Es ist doch schön, dass jemand deinen Einsatz bemerkt hat und dir so deutlich zeigt, dass dein Engagement geschätzt wird. Mit einem „Vielen Dank“ oder „Lieben Dank, das freut mich“ kannst du dem oder der anderen zeigen, dass du dich über den Kommentar sehr freust und dich wertgeschätzt fühlst. Dieses „Danke“ bedeutet auch nicht, dass du eine lebenslange Dankesschuld hast, sondern einfach nur, dass du ihm oder ihr in eben diesem Moment dankbar für seine oder ihre Worte bist.
Zum Abschluss dieses Blogeintrags haben wir noch ein Zitat des US-amerikanischen Pianisten Andor Foldes für dich: „Lob ist eine gewaltige Antriebskraft, deren Zauber seine Wirkung nie verfehlt.“ Das bringt’s doch auf den Punkt, oder?
Mehr über die Themen Lob, Anerkennung und Wertschätzung erfährst du in unserem E-Training „Führen mit Lob – Wertschätzung und Anerkennung zeigen“.